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Grüße ins unbekannte Paradies

  • ckohlhoefer
  • 25. März
  • 2 Min. Lesezeit

Manchmal traut man seinen eigenen Ohren nicht. Und wenn man realisiert, dass man durchaus richtig verstanden hatte, was gesagt wurde, bleibt man dennoch verwundert und erstaunt zurück. So ist es mir ergangen, als ich diesen Satz hörte: „Die Zeiten des Paradieses, wo jeder Wunsch möglich ist und mit Geld erfüllt wird, sind vorbei.“ Gesagt in der Sendung „Bericht aus Berlin“ von dem wohl zukünftigen Kanzler Friedrich Merz.

Nun ist die Aussage zunächst mal äußerst unkonkret. Und dennoch: Grenzt sie nicht an Realitätsverweigerung?


Weshalb wurde gerade ein Sondervermögen und eine Reform der Schuldenbremse auf Länderebene noch mit den Stimmen des aktuellen Bundestages beschlossen? Etwa, weil in den vergangenen Jahren, oder vielmehr Jahrzenten, so viel Geld für Energienetze, Infrastruktur, Schulen, Kitas und Förderung von Wirtschaft ausgegeben wurde? Weil wir in Deutschland gar keinen Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung und Innovationsförderung haben? Weil wir es uns in paradiesischen Zuständen eingerichtet hätten, in dem jeder nur pfeifen muss, um Trauben und Wein gereicht zu bekommen?


Um deutlich zu machen, in welcher Situation wir gerade stecken, haben IGBCE und IG Metall Mitte März gemeinsam einen bundesweiten Aktionstag veranstaltet. Hier wurde nochmals in aller Dringlichkeit darauf hingewiesen, dass wir jetzt ein entschiedenes und massives Investitionspaket benötigen, damit unser Industriestandort erhalten bleibt. Viele Beschäftigte in den energieintensiven Branchen fürchten um ihren Arbeitsplatz. Und zwar nicht, weil sie in den vergangenen Jahren ihren Job nicht ernstgenommen, krankgefeiert, zu viel Freizeit gehabt oder sich auf irgendwelchen Lorbeeren ausgeruht hätten, sondern weil die nötigen Investitionen und die nötige Unterstützung fehlte. Hört sich das paradiesisch an?


Mit dem von imperialen Machtstreben angetriebenen Überfall Russlands auf die Ukraine und einer völlig irrsinnigen Schuldenbremse-Ideologie, mit der die FDP eine aktive Wirtschafts- und Industriepolitik hierzulande verhinderte, spitzte sich die Lage dramatisch zu. Und wie war das noch im Wahlkampf? Auch die Union erklärte die Schuldenbremse für unantastbar – nur um dann wenige Tage nach der Wahl ihre Behauptungen und Aussagen wieder einzusammeln.


Nun könnte man sich sicherlich ausgiebig über einen Unions-Wahlkampf empören, der bewusst mit möglichst wenig Wahrheit auskommen wollte und dafür lieber populistische Ressentiments bediente. Aktuell hat bei mir das Gefühl der Erleichterung jedoch die Oberhand:


Endlich wird die Schuldenbremse angegangen. Endlich werden mit einem Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro Investitionen in Infrastruktur, Wirtschaft und die Klimawende angeschoben. Endlich wird Spielraum geschaffen für eine handlungsfähige Wirtschaftspolitik.


Aber natürlich bleiben wir wachsam und beobachten jetzt genau, wo das Geld konkret hinfließen soll, wem es zur Verfügung steht und was es letztlich bewirken kann. Und wir werden weiter Druck machen.


Außer Frage steht für uns auch: Diejenigen in unserer Gesellschaft, die hohe private Vermögen besitzen, sollten mehr für das Allgemeinwohl einbringen. Denn, wenn man schon von paradiesischen Zuständen sprechen möchte, sollte man doch eher auf dieser Seite des Spektrums die Augen nicht verschließen.



 
 
 

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