Mein Statement zur Forderung nach Abschaffung eines Feiertags
- ckohlhoefer
- 25. März
- 2 Min. Lesezeit
Die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer möchte einen Feiertag abschaffen, um die Wirtschaft anzukurbeln. Die Unternehmerverbände sind begeistert – wie überraschend –, und deren Institut IW hat sogleich beflissen ausgerechnet, dass sich unser Bruttosozialprodukt dadurch sage und schreibe um bis zu zwei Tausendstel steigern ließe. Wow! Vor so viel Originalität und Weisheit – die Arbeitnehmer müssen verzichten, dann wird alles besser – kann man nur ehrfürchtig den Hut ziehen.
Meine Gegenrechnung geht so: Der Verlust eines Feiertages bedeutet für einen durchschnittlichen Arbeitnehmer den Verlust von knapp einem Prozent seiner arbeitsfreien Tage pro Jahr, also ein knappes Prozent weniger Lebensqualität. Demgegenüber bekäme er im Durchschnitt zwei Tausendstel mehr materiellen Wohlstand – bestenfalls, denn wie wir wissen, wird in Wahrheit der größte Teil des Wirtschaftswachstums von den Kapitalbesitzern eingestrichen, nicht von den Arbeitnehmern. Aber rechnen wir mal großzügig mit 0,2 Prozent, dann wären das bei einem durchschnittlichen Brutto-Gehalt von 4.600 Euro ganze 9,20 Euro im Monat! Netto immerhin noch 5,70 Euro.
Also 5,70 Euro mehr für einen freien Tag weniger – das ist doch ein fairer Deal, oder? Für 5,70 Euro bekommt man immerhin einen kleinen Eisbecher, mmh! Aber leider hat man dafür keine Zeit mehr, denn man muss ja arbeiten, statt mit den Kindern Eis zu essen.
Kurzum: Dieser Vorschlag ist weder fair noch weise. Es ist die seit Jahrzehnten bekannte Leier der Besitzenden und ihrer Ökonomen: Geht es der Wirtschaft schlecht, sollen die Arbeitnehmer verzichten, und zwar nur sie. Danke, abgelehnt.
Und von wegen weise: Produktivität ist nicht nur eine Frage der Arbeitszeit, sondern mindestens in gleichem Maße eine Frage der Motivation der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wie jeder weiß, der die Wirtschaft nicht bloß vom Forscherinnen-Schreibtisch aus kennt, sondern aus der betrieblichen Praxis. Die Motivation der Arbeitenden steigert man aber bestimmt nicht, indem man ihnen ein einseitiges Opfer abverlangt. Das sollte doch auch eine „weise“ Forscherin verstehen können…
Mein Gegenvorschlag: Statt den Arbeitnehmer*innen etwas wegzunehmen, sollen die Vermögenden und Vielverdiener etwas mehr zum Allgemeinwohl beitragen, endlich wieder angemessene Vermögens- und Erbschaftssteuern und moderat höhere Spitzensteuersätze zahlen. Wird dieses Geld vom Staat – zusätzlich zu den gerade beschlossenen kreditfinanzierten 500 Mrd. Euro – ebenfalls produktiv investiert, ist der Wirtschaft wesentlich mehr geholfen als durch die Streichung eines Feiertags.
Auch nicht originell, denkt sich nun vielleicht der eine oder die andere, das ist doch bloß die altbekannte Parole von Sozis und Gewerkschaftern. Stimmt. Aber sie ist allemal fairer und ökonomisch weiser als „Ihr müsst mehr arbeiten!

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